Die ältesten Zeugnisse astronomischer Aktivität im Heidelberger Raum
sind zwei Schriften (1611 und 1612) von Jakob Christmann (1554-1613), aus denen
hervorgeht, daß er mehrere Exemplare des um 1609 erfundenen Fernrohrs
nachgebaut und damit Planeten und hellere Fixsterne beobachtet hat.
Erst eineinhalb Jahrhunderte später tritt der Jesuitenpater
Christian
Mayer (1719-1783) auf den Plan. Ab 1763 kurfürstlicher Hofastronom,
gründete er (nach einem Provisorium im Schwetzinger Schloßgarten aus
Anlaß der Beobachtung des Vorübergangs der Venus vor der
Sonnenscheibe am 6.6.1761) 1772 die Mannheimer Sternwarte:
Durch Beobachtungen am Mauerquadranten entdeckt er 1776 die Doppelsterne. Es
folgte die trigonometrische Vermessung der Pfalz,
als deren Ergebnis 1773 die ``Kleine
Charta Palatina'' erscheint. Die Nachfolger Mayers an der Mannheimer Sternwarte
(Johann Nepomuk Fischer, Peter Ungeschick, Roger Barry, Friedrich B.G. Nicolai,
Eduard Schönfeld) beobachteten mehr als 23000 Fixsternpositionen am
Birdschen Mauerquadranten und zahlreiche Kometenpositionen als Grundlage für
Bahnberechnungen, erstellten Kataloge von Nebelflecken und studierten den
Lichtwechsel veränderlicher Sterne. Unter Schönfelds Nachfolger Wilhelm
Valentiner wurden die Instrumente 1880 vorläufig nach Karlsruhe (in einen
Holzbau im Erbprinzengarten) verlegt, da die Beobachtungsbedingungen in
Mannheim zu schlecht geworden waren.
Um 1880 entstand in der Heidelberger Märzgasse die Privatsternwarte von
Max Wolf
und damit reiften auch Pläne eines großen Sternwarten-Neubaus auf dem
570 m hohen Königstuhl, die nicht zuletzt durch den Einsatz des Großherzogs
Friedrich I. von Baden realisiert werden konnten.
Die Einweihung in Anwesenheit
des Groß herzogs fand am 20. Juni 1898 statt. Die astrophysikalische
Abteilung wurde von Max Wolf geleitet, Wilhelm Valentiner stand der
astrometrischen Abteilung vor. Nach Valentiners Emeritierung (1909)
leitete Max Wolf das Gesamtinstitut. Mit den Hauptinstrumenten, dem
Bruce-Astrographen (ab 1900) und dem Waltz-Reflektor (ab 1906) - beide aus
privaten Stiftungen finanziert - gehörte das Institut damals zu den
modernsten Forschungseinrichtungen der Welt. Die von Max Wolf entwickelte
Himmelsphotographie ermöglichte epochale Entdeckungen, wie die des
Nordamerika-Nebels, die Wiederentdeckung des Halleyschen Kometen (1909),
zahlreiche Veränderliche Sterne werden gefunden, Studien über
Schweifstruktur und Spektren bringen neue Erkenntnisse über Kometen, es
folgen Untersuchungen zur Struktur des Milchstraßensystems, auf Photoplatten
werden große Nebelmassen in den Sternbildern Orion, Cygnus und Auriga
entdeckt. Spektren enthüllen, daß es sich um Gasmassen handelt. Aus den
Königstuhl-Galaxien-Listen bemerkt Wolf als erster die Tendenz zur
Haufenbildung und bemerkt die systematische Verschiebung der Spektrallinien
von Spiralnebeln (1913). Breiten Raum nimmt bis in die 50er Jahre die
Erforschung der Kleinen Planeten ein: auf dem Königstuhl werden ca.
800 entdeckt.
Nach Wolfs Tod (1932) wurde der Sternaufbau-Theoretiker Heinrich Vogt
mit der Leitung der Sternwarte betraut. Die traditionellen Forschungsprogramme
wurden zunächst fortgeführt, kamen aber im Verlauf des Zweiten
Weltkrieges praktisch vollständig zum Erliegen.
Unter der Leitung von Hans Kienle (ab 1950) gab es trotz fehlender
Finanzmittel einen neuen Anfang: Werkstätten und Laboreinrichtungen wurden
ausgebaut. Als neue Arbeitsrichtung wurde die Untersuchung über die
Energieverteilung in den Spektren von Sonne und Sternen aufgenommen, mit dem
Ziel, die absolute Temperaturskala der Sterne festzulegen. Für das
Instrumentarium, einen ``Schwarzen Körper'' als Standardstrahler, wurde
ein aufwendiger Neubau, das ``Happel-Laboratorium für Strahlungsmessungen''
errichtet (1957). Zumindest auf Spezialgebieten konnte die Sternwarte wieder
international konkurrenzfähig arbeiten.
Untersuchungen zur Struktur des Milchstraßensystems und der Magellanschen
Wolken sowie Studien der interstellaren Extinktion dominierten zunächst die
Interessen von Hans Elsässer (Direktor von 1962-1975). Daneben wurden
mit Ballon- und Raketenexperimenten Messungen der Interplanetaren Materie
durchgeführt und instrumentelle Entwicklungen vorangetrieben (u.a.
Infrarot-Photometer gebaut).
Von 1975 bis 2005 war Immo Appenzeller Direktor der Landessternwarte. Die
wissenschaftlichen Interessen
der Arbeitsgruppen überdecken ein breites
Spektrum astrophysikalischer Themen. Beobachtungen in allen relevanten
Wellenlängenbereichen - sowohl an erdgebundenen Teleskopen, als auch bei
Weltraummissionen - werden genutzt. Heute gehört die Landessternwarte wieder
zu den erfolgreichsten und produktivsten astronomischen Forschungseinrichtungen
in Europa.
Seit dem 1. April 2006 ist Andreas Quirrenbach Direktor der Landessternwarte.